Geplatzte Träume im Las Vegas der Alpen

In der Liechtensteiner Gemeinde Schaan führt kein Weg an den üblichen touristischen Attraktionen wie Seilbahnen oder Wanderwegen vorbei, sondern direkt zu einer anderen Sehenswürdigkeit: einem Casino. Wer jedoch hoffnungsvoll den Schildern zum „Casino“ folgt, wird enttäuscht. Das vermeintliche Glücksspielparadies an der Hauptstraße ist verschlossen. Obwohl an der Fassade noch Symbole wie Roulette und Spielkarten zu sehen sind, und im verdunkelten Eingangsbereich ein stillgelegter Spielautomat steht, bleibt das Gebäude ohne Betrieb und Gewinnaussichten.

Das Ende 2022 eröffnete „Plaza Casino“ stellte kürzlich unangekündigt den Betrieb ein und steht nun zum Verkauf. Diese plötzliche Schließung ist kein Einzelfall: Von einst neun Spielbanken in Liechtenstein sind nur noch sechs übrig, und weitere stehen unter Druck. Die einstige Euphorie rund um den Boom der Spielbanken in Liechtenstein scheint verflogen zu sein, und anstelle von Wachstum erlebt das Land nun eine Welle von Casinoschließungen.

Die Spielhölle Europas

In dem kleinen Fürstentum Liechtenstein hat sich eine bemerkenswerte Entwicklung vollzogen. Trotz seiner katholischen Tradition und einer langen Vergangenheit ohne Glücksspiel ist Liechtenstein nun zu einem der führenden Casinostandorte Europas geworden. Diese Transformation begann 2016, als die Regierung das Glücksspielgesetz lockerte. Nur wenige Monate später öffnete das „Casino Admiral“ in Ruggell seine Türen, gefolgt vom „Casino Schaanwald“.

Die Casinodichte in Liechtenstein ist beachtlich. Hier gibt es gemessen an der Einwohnerzahl von 40.000 Menschen mehr Casinos als in bekannten Glücksspielmetropolen wie Macau oder Monaco. Zu diesem massiven Zustrom von Glücksspielfans gehören vor allem Spieler aus Deutschland, Österreich und insbesondere der Schweiz.

Land Herkunft der Spieler
Deutschland Hoch
Österreich Mittel
Schweiz Sehr hoch

Die Glücksrad-Industrie boomt. Die Spielautomaten, Roulette- und Pokertische in den verschiedenen Casinos ziehen hunderttausende Besucher pro Jahr an. Diese Attraktivität wird durch eine für Betreiber günstige Steuerpolitik unterstützt, mit Spielabgaben, die zeitweise bei maximal nur 40 Prozent liegen. Das ist deutlich weniger als in Deutschland oder der Schweiz, wo die Abgaben bis zu 80 Prozent betragen.

Liechtenstein hat zwischen 2017 und 2023 Erträge von 117 Millionen Franken durch Glücksspiel erzielt und damit rund 500 Arbeitsplätze geschaffen. Diese lukrativen Einnahmen gehen Hand in Hand mit steigender Skepsis und Widerstand innerhalb der Bevölkerung.

Martin Frommelt, Mitglied des Vorstands im Casinoverband Liechtenstein, hat sich bereits früh dafür stark gemacht, die Glücksspielbranche zu regulieren. Er erinnert daran, dass der Markt für Casinos in Liechtenstein von Anfang an begrenzt war. „Ein neuer Markt ist für Investoren immer interessant, vor allem, wenn er erfolgreich startet“, betont Frommelt und verweist darauf, dass der Markt inzwischen übersättigt ist.

Nicht alle Bürger des Fürstentums stehen dem florierenden Glücksspiel positiv gegenüber. Kritiker wie Hansjörg Frick aus Schaan, Gründer der Interessengemeinschaft Volksmeinung („Stopp dem Casinowildwuchs“), warnen vor den negativen Auswirkungen. Frick äußert Sorgen über das potenziell schädliche Freizeitverhalten und den Ruf des Landes, der durch zweifelhafte Geschäfte und den Verdacht auf Geldwäsche beeinträchtigt werden könnte.

Liechtenstein hatte in der Vergangenheit bereits mit negativen Schlagzeilen rund um seinen Finanzplatz zu kämpfen. Kontroversen um das Bankgeheimnis, Treuhandfirmen und Geldwäschevorwürfe belasteten das kleine Land. Politische Anstrengungen und internationale Abkommen halfen, die diplomatischen Spannungen zu entschärfen.

Hansjörg Frick, ein ehemaliger Regierungsrat, sieht die Notwendigkeit, den guten Ruf und die diplomatischen Beziehungen des Landes zu bewahren. Er betont, dass Liechtenstein auch ohne Casinos zu den reichsten Ländern der Welt gehört und keine weiteren Glücksspieleinrichtungen braucht.

Die Spannung zwischen den wirtschaftlichen Vorteilen durch das Glücksspiel und den sozialen sowie reputationsbezogenen Bedenken teilt die liechtensteinische Gesellschaft. Ob das Spiel in Liechtenstein langfristig ein Gewinn oder ein Verlust bleibt, wird die Zeit zeigen.

Spielsüchtige aus dem Ausland

Viele Einwohner Liechtensteins sind besorgt über die Auswirkungen der zahlreichen Spielbanken im Land. Sie befürchten, dass Jugendliche verführt werden und ihre Lehrlingslöhne an den Spieltischen ausgeben. Besonders kritisch wird die steigende Anzahl von spielsüchtigen Ausländern gesehen, die ihre Sucht in Liechtenstein ausleben.

Trotz der verlorenen Volksabstimmung Anfang 2023 war die Regierung gezwungen, strengere Regulierungen und besseren Spielerschutz einzuführen. Folgende Maßnahmen wurden getroffen:

  • Einschränkung der Bewilligung neuer Spielbanken
  • Erhöhung der Geldspielabgabe
  • Datenaustausch mit der Schweiz über gesperrte Spieler

Einige Betreiber empfinden diese Maßnahmen als übertrieben. Philipp Nossek, Vizepräsident des Casino-Verbandes, befürchtet ein schleichendes Casinoverbot. Hansjörg Frick dagegen unterstützt die Regulierungen und sieht darin einen Erfolg seiner Initiative.

Frick betont, dass die Maßnahmen zwar zur Bewusstseinsbildung über die Gefahren des Glücksspiels beigetragen haben, die Konsolidierung des Marktes aber nicht verhindern konnten. Ein Beispiel dafür ist der Bau eines neuen Casinos in Schaan.

Tabelle: Wichtige Maßnahmen

Maßnahme Beschreibung
Einschränkung neuer Spielbanken Begrenzung der Anzahl neuer Bewilligungen
Erhöhung der Geldspielabgabe Höhere Abgaben auf Glücksspiel Gewinne
Datenaustausch mit der Schweiz Informationen über gesperrte Spieler austauschen

Die Initiative der Gegner hat also deutliche Spuren hinterlassen und das Bewusstsein für die sozialen Risiken geschärft. Dennoch bleibt die Glücksspielbranche in Liechtenstein weiterhin aktiv und expandiert.

Casino-Neubau im Industriegebiet

Der Rohbau des neuen „Castle Casino“ entsteht im Industriegebiet am Ortsrand, direkt hinter einem Supermarkt. Neben dem Gebäude befindet sich auch ein mehrstöckiges Parkhaus. Diese Lage reflektiert die Veränderungen im Markt und den Wunsch der Spieler nach einem anonymen, aber zugänglichen Casino-Erlebnis. Die Betreiber des Casinos hoffen darauf, dass dieses Ambiente den Durchschnittsspieler anzieht, der einen angenehmen Abend mit einem Budget von etwa 300 Franken verbringen will.

Martin Frommelt von der Casinovereinigung erklärte: „Einige Leute geben 300 Franken fürs Essen oder für einen Fußballabend aus, der Casino-Gast jedoch, möchte anonym bleiben.“ Er bevorzugt es, direkt von der Tiefgarage oder dem Parkhaus zu den Spielautomaten zu gelangen, gerne in einem abgelegenen Winkel eines Gewerbegebiets.

Im Gegensatz zu Casinos in eleganten Orten wie Baden-Baden oder Monaco, wo eleganter Auftritt und Abendgarderobe erwartet werden, bietet das „Castle Casino“ eine einfache und zugängliche Umgebung. Es geht hier hauptsächlich um das Spiel selbst. Viele Gäste kommen nach einer kurzen Anfahrt aus dem nahen Ausland, was den Standort besonders attraktiv macht.

Kaffee und Softdrinks umsonst

Im Casino Schaanwald, einem grauen Bunkerbau nahe der österreichischen Grenze, können Besucher von 11 Uhr Vormittag bis 4 Uhr morgens ihr Glück versuchen. Nach einer kurzen Passkontrolle und einem Foto sind die Zugangshürden überwunden. Drinnen verteilt sich eine kleine Gruppe von Spielern, hauptsächlich Männer in kurzen Hosen und T-Shirts, die sich an den Spielautomaten versuchen. Ebenso viele Frauen sind ebenfalls zu sehen, sie sitzen entspannt auf bequemen Sesseln und scheinen vertraut mit der Umgebung.

Besonders bemerkenswert ist das großzügige Angebot an kostenlosen Getränken. Kaffee und Softdrinks stehen den Gästen jederzeit kostenlos zur Verfügung. Zudem sorgt eine effektive Klimaanlage dafür, dass der kalte Zigarettenrauch vertrieben wird, was zu einer angenehmeren Atmosphäre beiträgt.

Die Kartentische und Roulette im ersten Stock sind tagsüber meist unbesetzt. Flyer, die den Gästen Informationen zu Spielen wie Black Jack und Texas Hold'em bieten, sind ebenfalls vorhanden. Dadurch können auch Anfänger leicht ins Spiel finden.

Das Ambiente des Casinos ist insgesamt angenehm, wenn auch nicht besonders luxuriös oder inspirierend. Es bietet jedoch eine solide Option für diejenigen, die sich am Glücksspiel versuchen wollen und dabei nicht auf den Komfort von kostenlosen Getränken verzichten möchten.

Häufig gestellte Fragen

Was sind die häufigsten Ursachen für gescheiterte Casino-Projekte in Bergregionen?

Casino-Projekte in Bergregionen scheitern oft aus mehreren Gründen. Wirtschaftliche Unsicherheiten spielen eine große Rolle, da die Touristenzahlen stark saisonabhängig sein können. Begrenzte Infrastruktur und schwierige Wetterbedingungen erschweren den ganzjährigen Betrieb. Ein weiteres Problem stellt die strenge Regulierung und Lizenzierung dar, die oft höher als in städtischen Gebieten ist.

Wie unterscheidet sich das Unterhaltungsangebot in einem Bergcasino von denen in Las Vegas?

Das Unterhaltungsangebot in Bergcasinos richtet sich stärker an naturnahe Erlebnisse und Outdoor-Aktivitäten. Während Las Vegas für seine opulente Shows, Themenhotels und unzählige Spielmöglichkeiten bekannt ist, bieten Bergcasinos oft kleinere, exklusivere Shows und setzen vermehrt auf lokale Kultur und kulinarisches Angebot.

Welche Maßnahmen ergreifen Casino-Betreiber in Bergregionen, um die Attraktivität zu steigern?

Um die Attraktivität zu steigern, setzen Casino-Betreiber in Bergregionen auf eine enge Kooperation mit lokalen Tourismusorganisationen. Pauschalangebote, die Casino-Besuche mit Skifahren oder Wellness verbinden, sind gängig. Zudem wird oft in hochwertige Gastronomie und einzigartige Events investiert, um Besucher zu locken.

Wie haben sich die wirtschaftlichen Erwartungen an Casinos in Bergregionen in der Vergangenheit verändert?

In der Vergangenheit waren die wirtschaftlichen Erwartungen an Casinos in Bergregionen oft übermäßig optimistisch. Frühe Projekte gingen von einem schnellen Return on Investment und hohen Touristenzahlen aus. Aufgrund wirtschaftlicher Schwankungen und einbruchartigen Besucherzahlen haben sich diese Erwartungen jedoch oft nicht erfüllt und wurden angepasst.

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen beeinflussen den Betrieb von Casinos in Bergregionen im Vergleich zu Las Vegas?

Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind in Bergregionen häufig strenger als in Las Vegas. Strenge LizenzauflagenBeteiligung der lokalen Regierung und Umweltauflagen können erhebliche Hürden darstellen. Im Gegensatz dazu bietet Las Vegas oft großzügigere Steuervergünstigungen und liberalere Regelungen, die Investitionen anziehen sollen.

Kann eine Ansiedlung von Casinos das soziale Gefüge in Bergtourismusorten beeinflussen?

Die Ansiedlung von Casinos in Bergtourismusorten kann erhebliche Auswirkungen auf das soziale Gefüge haben. Arbeitsplätze werden geschaffen, jedoch kann es auch zu sozialen Spannungen kommen. Gentrifizierung ist ein mögliches Problem, da steigende Immobilienpreise Einheimische verdrängen können. Zugleich kann eine erhöhte Besucherzahl zu mehr Kriminalität und sozialen Problemen führen.